Never stop
Mittlerweile bin ich nun schon meine vierte Woche in Iilyateko und so langsam kehrt Alltag ein. Zwar ist es immer noch besonders für mich in einem anderen Land, mit neuen Leuten und Mentalitäten zusammen zu leben - einiges ist aber doch sehr ähnlich, besonders beim Arbeiten. Die anfängliche Bewunderung, wie viel die Kinder im Kindergarten schon wissen, hat sich leider als vorschnelles Urteil herausgestellt. Ich habe gemerkt, dass sie lediglich die Lieder auswendig gelernt haben (in denen dann beispielsweise von 1-10 gezählt wird). Zeigen wir ihnen aber eine Zahl und fragen welche es sei, sind die Kinder überfordert. So haben wir noch einiges vor uns und ich lerne mich definitiv in Geduld zu üben. Seit mittlerweile zwei Wochen unterrichten wir ausschließlich die Zahlen - zunächst auf Oshiwambo (ja - auch ich habe gelernt von 1 bis 10 zu zählen) und anschließend in Englisch. Da die Kinder zwischen drei und sechs Jahren alt sind, ist einiges noch sehr schwer für sie. Ich bin sehr froh, dass Sister Kaleke im Kindergarten tätig ist, da sie uns sprachlich sehr hilft und ich weiß, auch ohne uns werden die Kinder unterrichtet. Außerdem ist die Sister der Meinung, dass die Kinder auch Zeit für Spiele und eine eigene freie Entfaltung benötigen, sodass wir nicht mehrere Stunden am Stück im Klassenzimmer sind und die Kinder auch durch Spiel und Spaß motorische oder soziale Kompetenzen entwickeln können. Den Unterricht gestalten aber bis jetzt ausschließlich Franziska und ich, was ich als große Freiheit empfinde. Die Schwester ist für unsere Hilfe sehr dankbar, meint allerdings immer wieder :“you know how to teach“, oder „you are better teachers than me“. Bei diesen Aussagen fällt es mir schwer, ihr verständlich zu machen, dass ich gar nicht in besser oder schlechter kategorisieren will, nur nach meinem Gefühl und Wertesystem handele und auch froh über ihre Hilfe bin. Obwohl ich vorher noch nie mit dieser Altersklasse gearbeitet habe, macht es mir unglaublichen Spaß den Unterricht vorzubereiten und mit den Kindern zu lernen und zu spielen. Ich habe das Gefühl, auch die Kinder sind begeistert über neue Mitarbeiter und andere Methoden. Natürlich ist der Vormittag auch sehr anstrengend, besonders weil ständig jemand weint oder sich geprügelt wird, insgesamt gefällt mir die Arbeit aber gut. Um 12 Uhr werden alle Türen abgeschlossen und kurz gefegt, da wirklich überall Sand ist. Anschließend heißt es für uns Mittagspause, in der gekocht, gegessen und ansonsten entspannt wird. Meist solange, bis es an der Tür klopft - was nicht sehr lange dauert. Da wir direkt mit auf dem Gelände wohnen, gibt es immer irgendjemanden der ein Buch zum lesen haben will oder mit dem wir Spiele spielen sollen. Auch bei Hausaufgaben helfen wir, was sich bis jetzt aber in Grenzen hält, da die Kinder entweder nicht viel aufhaben oder keine Hilfe benötigen. Wir wurden auch schon von einigen Mädels gefragt, ob wir nicht die kompletten Hausaufgaben für sie machen können. Helfen tun wir ja gerne - aber so leicht wollen wir es den Kindern dann auch nicht machen. Zwar sind wir in sehr engem Kontakt zu den Hostelmädels, umso weniger sehen wir aber die anderen Schwestern. Da sie im Hostel, auf dem nahe liegenden Feld oder in der Krankenstation auf unserem Gelände arbeiten, haben auch sie ständig etwas zu tun. Gemeinsam mit uns wohnt eine angehende Schwester, Sr. Ursula, im Guesthouse. Ich habe aber das Gefühl, jeder lebt in seiner eigenen Welt und im Alltag begegnet man sich selten. Natürlich wird sich aber zwischendurch – und besonders sonntags beim gemeinsamen Essen – über alles ausgetauscht. Leider sprechen die meisten Schwestern nur sehr wenig Englisch und wir kein Oshiwambo, sodass es mit der Kommunikation noch häufig hapert. Auch bei organisatorischen Dingen fällt es noch sehr schwer, das Gewollte verständlich zu machen – umgekehrt verstehe ich manchmal aber auch überhaupt nicht, was gerade von mir verlangt wird. Jeder ist aber bemüht und häufig wird über Probleme hinweggelacht. Ich weiß auch, dass ich bei Fragen oder Problemen immer auf eine Schwester zugehen kann und habe sie auch ermutigt, dasselbe bei mir zu tun. Insgesamt sind einige Tage wirklich noch voller neuer Erfahrungen, andere
ziehen sich dagegen manchmal. Eben so wie es zu Hause auch oft ist.
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Nachdem wir gemeinsam in Oshipeto angekommen sind, dort Franziskas Sachen gepackt, mit den Schwestern geplaudert und den Kindern gespielt haben, haben wir uns am 2. Februar auf den Weg nach Iilyateko gemacht. Genauer gesagt, wurden wir von einer Schwester aus Iilyateko (Sister Nandjilah) abgeholt. Der Weg dorthin war sehr abenteuerlich, da die Schwester noch nicht lange Auto fährt und wir einen Shortcut durch den Busch genommen haben. Es ging also über riesige Wiesen, Schotterstraßen und vorbei an vielen Tieren. Nach ca. 1 Std Fahrt hatten wir das Dorf Iilyateko und die dortige Schule erreicht. Kurz dahinter liegt das Hostel Gelände, welches nun erstmal mein neues Zuhause sein wird. Am Eingang hatten sich alle Hostelkinder versammelt und einige Willkommenslieder für uns gesungen. Sobald wir ausgestiegen sind, kamen uns die restlichen Schwestern entgegen und begrüßten uns herzlich. Einige Mädels haben sogar ihre landestypischen Kleider für uns angezogen oder Willkommensbilder bzw Plakate gemalt. Wir wurden voller Freude empfangen und waren total begeistert von diesem Start. Nachdem alle 90 Mädels unsere Hand geschüttelt und ihre Namen genannt hatten, wurden wir von Sister Nandjilah herum geführt. Das Hostel ist ausschließlich für Mädchen vorgesehen, die teilweise aus der Umgebung, teilweise aber auch aus weit entfernten Großstädten kommen. Auf dem Gelände befinden sich verschiedene Häuser mit Zimmern für die Kinder, die je nach Klasse und Alter getrennt sind. Zudem gibt es eine große Dining Hall, in der die Kinder gemeinsam essen und am Wochenende Fernseh schauen können. Neben dem Schwesternhaus und der Kirche, befindet sich in Iilyateko auch eine kleine Krankenstation, die auch für die Leute aus der Umgebung gedacht ist. Anschließend wurde uns Sister Reginalda, oder wie die Kinder sie nennen Sister Kaleke (=süß, da sie den Kindern wohl gerne Süßigkeiten mitbringt), vorgestellt. Sie ist verantwortlich für den Kindergarten, indem wir jeden Tag von 8 Uhr bis 12 Uhr arbeiten werden. Der Kindergarten liegt mit auf dem Gelände und verfügt über 2 Klassenräume. Anders als in Deutschland, werden die Kinder hier schon im Kindergarten auf die Schule vorbereitet. Die Amtssprache in Namibia ist Englisch, sodass auch in der Schule ausschließlich Englisch gesprochen wird und man daher versucht, den Kindern früh einige Grundlagen beizubringen. Die Klassenzimmer waren voller bunter Plakate von Zahlen und Buchstaben, bis hin zu Wochentagen und Jahreszeiten. Und natürlich habe ich einiges an Spielzeug, wie Teddybären, oder Memoriekarten und eine Rutsche gesehen. Die Kinder kommen aus der Umgebung des Dorfes, sodass sowohl Jungen als auch Mädchen von uns unterrichtet werden. Zwar können wir ihre Muttersprache Oshiwambo nicht, dafür haben wir aber Schwester Kaleke, die uns gerne hilfreich entgegenkommt. Uns wurde erzählt, dass wir die Nachmittage relativ frei gestalten können, aber natürlich Zeit mit den Hostelkindern verbringen sollten, mit ihnen Hausaufgaben machen, Spiele spielen oder einfach nur quatschen. Zum Schluss wurde uns unser Haus gezeigt, was speziell für Gäste eingerichtet wurde. Wir haben die Möglichkeit in getrennte Zimmer zu gehen, eine super ausgestattete Küche (nur der Toaster fehlt leider) und ein sehr modernens Bad. Das Haus ist sehr hell und hat sogar Moskitogitter vor den Fenstern. Insgesamt war ich super zufrieden mit dem ersten Eindruck und konnte mir vorstellen, mich hier schnell wohl zu fühlen. Anschließend hatten wir Zeit auszupacken und ich habe bereits ein paar mitgebrachte Fotos aufgehangen um mich wohler zu fühlen. Abends sind wir nach draußen gegangen und haben mit den Kindern gesungen, getanzt und uns noch einmal ordentlich vorgestellt und alle Fragen, mit denen wir bombardiert wurden, beantwortet. Das Wochenende ging schnell vorbei - wir wir vier haben gemeinsam Karten gespielt, uns viel über die Projekte und unsere Eindrücke unterhalten und mit den Schwestern gegessen. Am späten Sonntag Nachmittag wurden die Jungs wieder zurück nach Oshipeto gebracht und wir haben diese Gelegenheit genutzt, noch ein wenig einzukaufen. Da wir schon Nudeln, Reis, Eier, Kartoffeln, Toast, Tomaten und Möhren bekommen hatten, haben wir uns noch ein wenig Joghurt und Erdnussbutter gekauft. Damit waren wir gut eingedeckt für die erste Woche. Am Montagmorgen ging es dann endlich los mit unserer Arbeit. Wie geplant, wollten wir um 8 Uhr am Kindergarten stehen, doch plötzlich stand Sister Kaleke vor unserer Tür und meinte wir können auch erst um halb 9 kommen, da die meisten Kinder sowieso ein wenig später da sind und wir solange warten würden. Wir haben aber beschlossen dennoch um 8 Uhr zu gehen, um uns noch einmal genauer die Materialien anzuschauen und noch Informationen von der Schwester zu bekommen. Einige Kinder waren um diese Uhrzeit schon da und schauten uns neugierig aber noch schüchtern an. Um halb 9 wurde dann eine kleine Glocke geläutet, das Zeichen für die Kinder, dass es jetzt losgeht. Zunächst wurden ein paar Lieder gesungen, ein Gebet gesprochen und sich mit "good morning, how are you?" begrüßt. Anschließend sind wir in die Klasse gegangen und die Schwester hat mit den Kindern den Stoff von letzter Woche wiederholt. Das hieß Zahlen von 1-10, Wochentage und Jahreszeiten und einige Lieder. Ich war überrascht wie viel die Kinder schon wissen. Danach aber hieß es nur: "Ok- jetzt seid ihr dran", was uns doch irgendwie überrascht hat. Wir hatten doch gesagt, wir schauen zunächst zu und hatten natürlich auch nichts geplant. Vielleicht hatten wir uns da missverstanden. Nach der Ermutigung "Versucht es doch einfach mal", haben Franzi und ich sich ein paar Dinge aus den Fingern gesaugt und waren froh, als um 10 Uhr die Glocke für die einstündige Essens- und Spielpause läutete. Während der Pause wurden die Kinder schon mutiger und einige wollten kuscheln, haben unsere weiße Haut gezwickt, um zu sehen, dass sie rot wird oder haben Oshiwambo mit uns geredet, auch wenn wir nur selten ein Wort verstanden haben. Wir hatten zum Glück etwas Zeit unser weiteres Vorgehen zu besprechen, sodass wir nach der Pause, die motorischen Fähigkeiten mit den Kindern verbessern wollten. Dazu haben wir mit ihnen ein Wettrennen und Ball Fangen und Zuwerfen gemacht. Das hat ihnen sichtlich Spaß gemacht und viele waren total begeistert von dem kleinen, neuen Ball. Nicht nur die sprachliche Kompetenz, auch kognitive und emotionale Entwicklung, soziales Verhalten und motorische Fähigkeiten, werden später bei den Kindern auf den Zeugnissen stehen. Um kurz vor 12, klingelte dann die Glocke zum Singen, Beten und Verabschieden. Danach haben wir kurz alles durchgefegt, da wirklich überall Sand war, und alle Türen verriegelt. Der erste Vormittag war geschafft - und wir auch. Mit etwas mehr Vorbereitung sollte das Ganze aber leichter werden. Nachdem wir gekocht hatten, haben wir uns informiert, was die Kinder dieses Schuljahr lernen sollen. Das neue Schul/Kindergartenjahr beginnt - anders als in Deutschland - auch zu Beginn des Kalenderjahres. Wir konnten also von null starten. Dieses Jahr sind vorgesehen: Myself, My Body, Numbers, Colours, ABC, My Family & Home, My School, Animals, Plants and Water. Einiges also - wir haben allerdings auch noch viele Wochen vor uns. Nach kurzer Mittags- und Hitzepause, sind wir zu den Hostelkindern gegangen. Doch sie meinten, sie hätten keine Hausaufgaben auf. Also sind wir mit Springseilen und Kinderbüchern bewaffnet wiedergekommen. Die Kinder wollten uns zunächst aber ihre Spiele zeigen, statt unsere kennen zu lernen, sodass Franzi und ich alles mit und nachmachen sollten, was sehr interessant war. Abends haben wir dann gemeinsam gelesen, was den Tag zu einem guten Ende gebracht hat. Die kleinen Kinder (7-12 Jahre) müssen gegen 20 Uhr und die älteren Mädels (13-19Jahre) gegen 21 Uhr schlafen - und bereits um 5 Uhr aufstehen, damit sie bei den wenigen Duschen noch pünktlich für die Schule fertig werden. Da war ich doch recht froh, bis 7 Uhr schlafen zu können. Somit war der erste Tag geschafft und ich konnte mir gut vorstellen, wie das alles schnell zum Alltag werden würde. Ende Januar hatten wir unser Zwischenseminar in Tansania, in dem es darum ging, das letzte halbe Jahr zu reflektieren und sich auf das Kommende vorzubereiten. Wir waren insgesamt 28 Freiwillige, aus 4 verschiedenen Organisationen, was viel Gesprächs- und Diskussionsstoff geboten hat. Da wir alle Themen, die uns beschäftigt haben, auch im Seminar ansprechen konnten, sind Stichwörter wie interkulturelle Kommunikation, Rassismus, Armut und Gewissenskonflikte, Probleme bei der Arbeit oder der generelle Sinn eines Freiwilligendienstes sehr häufig gefallen. Ich habe die Woche als eine sehr intensive und anstrengende, aber auch sehr lehrreiche Woche empfunden. Besonders der Austausch mit den Anderen und unseren Begleitern war super bereichernd. Im Nachhinein habe ich, zu Situationen oder Problemen die mir begegnet sind, deutlicher Position beziehen können, wenngleich der Umgang mit solchen Themen für mich auch lebenslanges Ausprobieren, Überdenken und Lernen bedeutet. Nach dieser Woche sind wir vier Freiwilligen, wieder in Namibia angekommen, Zunächst haben wir einen kurzen Zwischenstopp bei den Schwestern in Windhoek gemacht. An dem Tag waren leider nur wenige Sisters da, wie es der Zufall aber wollte, kamen 3 weitere Schwestern inklusive unserer Mentorin und Koordinatorin Sr. Magdalena einen Abend später an. Ich habe mich sehr gefreut, sie kennenzulernen. Sie hat uns für unser Kommen gedankt und wir haben lange mit ihr geredet. Für uns kam natürlich die Frage auf, warum die Schwestern beschlossen haben Freiwillige aus Deutschland aufzunehmen. Sie hat uns erklärt, dass es besonders gut und hilfreich für die Kinder sei, sich nur auf Englisch und nicht auf ihrer Muttersprache Ohiwambo zu unterhalten. Besonders meinte sie, dass wir aus zwei völlig verschiedenen Welten stammen und wie bereichernd sie es finde, in den Austausch zu kommen und voneinander zu lernen. Diese Worte haben mich beeindruckt und sind mir immer noch Motivation für mein Projekt. Später am Abend haben wir uns gemeinsam unsere Urlaubsbilder angeguckt. Die Schwestern waren total interessiert, ich habe aber gemerkt wie unangenehm es teilweise war, ihnen von einer so großen Reise zu erzählen. Denn auch wenn die Schwestern, meiner Meinung nach, schon einen recht guten Lebensstandard haben, ist mir klar, was für ein außerordentliches Privileg es ist sich frei bewegen zu können und die Möglichkeit und das Geld zum Reisen zu haben. Natürlich könnte man sagen, ich habe mir das Geld durch Arbeiten auch verdienen müssen, dennoch kann man so etwas nicht mit Menschen die vor Hunger und Armut flüchten, die von der Gesellschaft ausgestoßen werden oder die in Unterdrückung leben müssen auf eine Ebene bringen. Man könnte jetzt - um die Klischees rund um Afrika zu bedienen - auch meinen, dass die Menschen hier, obwohl sie so wenig haben, doch trotzdem so glücklich sind, aber auch das lässt sich für mich nicht mit existentiellen Sorgen und Nöten vergleichen, zumal dieser Satz das Geflecht sozialer, globaler und individueller Anforderungen und Problemen zu stark vereinfacht. Seit diesem Abend frage ich mich, wie ich mit meinen Privilegien besser umgehen kann. Wahrscheinlich werde ich weiterhin Reisen, mir über meine Klamottenwahl Gedanken machen, ins Café gehen oder mich selbst verwirklichen wollen - denn so bin ich es gewohnt. Ich möchte aber dankbarer werden, und überlegen ob mich materielle Dinge und Vergleiche mit Anderen (meist durch kapitalistischen Konsumwahn) wirklich beschäftigen sollten. Ob ich wirklich jeden Tag Fleisch essen muss, auch wenn das zur Misere in anderen Ländern beiträgt. Ob ich alles was ungewohnt und demnach "Anders" ist sofort missachte, oder erst einmal versuche zu verstehen. Oder ob ich versuche ein wenig Zeit in Menschen zu investieren, globale Zusammenhänge zu erkennen um dann gemeinsam Lösungen zu finden. Klingt alles besserwisserisch oder träumerisch - aber der Versuch ist es für mich wert auch wenn es das Ganze nicht einfacher macht. Ich bin dankbar für diese Erfahrungen, denn ich glaube, um solche utopischen Wünsche zu formulieren oder zu verstehen, muss ein Jeder erstmal direkt mit der Problematik konfrontiert werden. Am nächsten Tag sind wir dann hoch in den Norden gefahren. Nach 16 Std und einem kurzen Krankenhausbesuch (da Niclas' Magen rebellierte) sind wir in Oshipeto angekommen. Die dortige Schule und das Hostel bilden das Projekt von Niclas und Helge. Hier hat Franziska aber zuvor ausgeholfen, als Niclas und ich Visaprobleme hatten. Damit sie sich ordentlich verabschieden und alle Sachen packen konnte, sind wir zwei weitere Nächte in Oshipeto geblieben. Die 260 Kinder sind begeistert auf uns zu gerannt, wollten alle unsere Namen wissen und den ganzen Tag spielen. Den Freitag Morgen haben wir gemeinsam im Lehrerzimmer verbracht, um alles wichtige für das neue Schuljahr vorbereitet, d.h. Listen geschrieben, Stundenpläne erstellt und die ersten Unterrichtsmaterialien sortiert. Bei so vielen Kindern, eine lange Arbeit. Die Schwestern, die hier leben, haben uns auch sehr herzlich empfangen und uns alles gezeigt. Ich habe einen großen Unterschied zu der Hauptstadt wahrgenommen, da im Norden oftmals infrastrukturelle Schwierigkeiten bestehen - allerdings waren wir hier auch in einem Dorf. Am Wochenende wollten Franziska und ich gemeinsam in unser Projekt nach Iilyateko aufbrechen. Weil die Schwestern aber auch die Oshipeto Freiwilligen kennenlernen wollten, und die beiden Projekte nur ca 1 Std voneinander entfernt sind, haben wir das Wochenende zu viert in Iilyateko verbringen können. Mehr dazu später. Teil 2 Oftmals werden Freiwilligendienste besonders in Bezug auf Reisen sehr kritisch gesehen und als "Egotrips" abgestempelt. Dennoch habe ich mich entschieden, unsere Reise inklusive Bilder auf diesem Blog zu teilen und möchte dabei gleichzeitig meine Meinung zu dem Thema unterstreichen. Gehören Berichte von Sightseeing, Safari und Co überhaupt zu meinem Freiwilligendienst? Dass solche Erlebnisse nicht im Vordergrund stehen sollten ist klar, dennoch bin ich froh, die Möglichkeit gehabt zu haben, mein Blickfeld zu erweitern. Mein Projekt befindet sich ziemlich abgeschieden im Norden Namibias, man könnte es quasi als kleines Dorf bezeichnen. Natürlich kann ich mit meinen dortigen Erfahrungen Rückschlüsse auf das Land, das Leben und die Mentalität in Namibia und im Süden Afrikas schließen. Ein allumfassendes Bild abzugeben und auf Fragen wie "Was sind denn Unterschiede und Gemeinsamkeiten zu Namibia und Deutschland?" zu antworten, ist aber umso schwerer, je eingeschränkter mein Blickfeld ist. Besonders aufgefallen auf unserer Reise ist mir, wie schnell ich sonst die Dinge, Länder oder Menschen aus nur einer Perspektive betrachtet habe. Und wie schnell wir uns mit unserer Sichtweise über die Meinungen der Anderen stellen. Mit dem Gedanken "da unten zu helfen" bin ich in mein Jahr gestartet. Wie sollte es auch anders sein, bei den Bildern die man tagtäglich in den Nachrichten oder in Spendenaufrufen für Afrika sieht. Höre ich das Wort Afrika, fällt mir nicht direkt ein ganzer Kontinent, sondern zunächst nur Wörter wie Armut, Entwicklung oder Hunger ein. Natürlich gibt es viel zu viele Menschen die hier Hunger leiden müssen und herunterspielen möchte ich das auch nicht. Mir geht es aber darum solche Bilder kritisch zu hinterfragen, denn eben diese Bilder wird es auch in Deutschland, China oder den Vereinigten Staaten geben. Und eben diese Bilder zeigen nur eine Facette des Lebens. Zugegeben war ich dann trotzdem überrascht, als wir auf der Reise Coca-Cola Stände an jeder Ecke, Menschen mit Smartphones oder riesige Supermärkte (die sogar größer waren, als das was ich von zu Hause gewohnt bin) entdeckten. Von dem Gedanken mein Dienst sei Entwicklungshilfe, messbar an gefüllten Kindermägen oder neuen Schulmaterialien, habe ich mich mittlerweile verabschiedet. Und auch den Begriff entwicklungspolitisch betrachte ich mittlerweile als unglücklich gewählt. Daher bin ich froh, dass auch meine Organisation diesen Dienst eher als Lerndienst definiert, indem es hauptsächlich um die interkulturelle Kommunikation gehen soll. Denn statt von oben herab zu entscheiden, was das Beste für die Menschen in "Entwicklungsländern" sei, ist es doch viel sinnvoller mit ihnen ins Gespräch zu kommen und gemeinsam neue Perspektiven zu schaffen. Von dem Gefühl zum ersten Mal als "Fremder" beäugt zu werden, dem Vergleich der verschiedenen Mentalitäten, der Fähigkeit die Perspektive zu wechseln und vor allem zu verstehen statt zu urteilen - habe ich mehr auf unserer Reise gelernt, als ich je gedacht hätte. Und eben darum, finde ich es sinnvoll mehr als nur sein Projekt zu sehen. Teil 1 3 Länder - 50 Tage - ca 5000km Reiseroute Zeit, Bilanz zu ziehen Wie vorher schon beschrieben, hatten wir leider noch nicht die Möglichkeit unser Projekt sehen zu können. Zum Einen, weil die Kinder ab Dezember bis Mitte Januar Ferien hatten und selbst die Schwestern in dieser Zeit verreist sind, zum Anderen, da wir Freiwilligen Ende Januar unser Zwischenseminar in Tansania hatten - später mehr dazu. Was wir bis dahin gemacht haben? Reisen, die anderen Freiwilligen besucht, uns ausgetauscht und viele weitere Erfahrungen gesammelt. Die letzten 2 Monate möchte ich in diesem Eintrag grob skizzieren und dabei auch im zweiten Teil meine Meinung zum Thema Freiwilligendienste und Reisen unterstreichen. Reiseroute Gestartet sind wir zu zweit in Windhoek, der Hauptstadt Namibias, wo wir zunächst von den Schwestern herzlich empfangen wurden. Dort haben wir dann auch die anderen beiden Namibia Freiwilligen getroffen. Von dort aus sind wir in den Norden Namibias, den Caprivi-Streifen, nach Katima und somit auch schon Richtung Tansania gefahren. Über die Grenze, ging es dann zu viert nach Livingstone, Sambia. In Sambia haben wir uns kurz in der Hauptstadt Lusaka aufgehalten und anschließend die anderen Freiwilligen in ihren Projekten in Kasama und Mpulungu besucht. Zu acht ging es dann weiter nach Tasania, zu den Städten Mohsi und Arusha. In der Hauptstadt Dar es Salaam (Haus des Friedens) angekommen, haben wir einen Abstecher nach Sansibar gemacht, wo wir die übrigen Freiwilligen unserer Organisation - Anne aus Madagaskar und Sebastian aus Südafrika - getroffen haben. Gemeinsam sind wir zum Zwischenseminar gefahren, indem es darum ging das letzte halbe Jahr Freiwilligendienst revue passieren zu lassen und Themen, die uns wichtig geworden sind, (wie bspw. interkulturelles Zusammenleben, politische Entwicklungen, Rassismus, ...) zu diskutieren und Position zu beziehen. Transportmittel Auch im globalen Süden lassen sich öffentliche Verkehrsmittel als preiswerte und umweltfreundliche Alternativen gut nutzen. Zu Beginn haben wir große Teile der Strecke mit Bussen zurück gelegt. Da kann es schonmal sein, dass eine Fahrt ca 16 Std dauert, was natürlich an der Größe der Länder liegt. Unser Zeitgefühl hat sich demnach verändert, sodass wir mittlerweile eine 3 Stündige Fahrt als kurz bezeichnen. Bei den Bussen sind wir immer ohne Probleme oder Zwischenfälle von A nach B gekommen. Manche Straßen sind jedoch noch nicht ausreichend aufgebaut. Wir vermuten, dass die Kosten für den Straßenbau nur von der Regierung getragen werde, wenn diese der Wirtschaft des Landes auch nutzen, wie bspw. wichtige Verkehrswege oder Touristenstrecken. Das erklärt vielleicht auch, dass wir viele andere Straßen befahren haben, die in einem super Zustand waren und man sich wie zu Hause gefühlt hat. Um die weite Strecke von Sambia in den Nordosten Tansanias zu bewältigen, wurde uns die Tazara (TanzanianZambianRailway) empfohlen. Diese Eisenbahnstrecke wurde ursprünglich für den Rohstofftransport nach China erbaut, wird heute aber als Personenverkehrsmittel genutzt. WIr hatten auf unserer Reise leider 32 Std Verspätung, da ein entgegenkommender Zug Probleme hatte. Da wir im Zug aber sowohl schlafen (wenn auch mit wenig Freiraum) als auch Essen konnten, war die Wartezeit erträglich. Dennoch sind eher andere Fortbewegungsmittel zu empfehlen, da die Straßennetze besser ausgebaut sind, als der Schienenverkehr. Einziges Manko waren die Abfahrtszeiten der Busse. Da es durch viele nächtliche Unfälle verboten wurde, nach 21 Uhr zu fahren, müssen viel Busse früh morgens, d.h. meist gegen 5 oder 6 Uhr losfahren, um rechtzeitig anzukommen. Auf Dauer schlaucht dieser unregelmäßige Rhythmus mehr als ich Anfangs dachte, so dass ich mich teilweise nach meinem Projekt und einem geregelten Alltag gesehnt habe. Taxifahrten haben wir nur gemacht, wenn es anders nicht möglich war, zu unserer Unterkunft zu gelangen. Da man als "Weißer" teilweise doch sehr auffällt, waren die Preise oft typische Touristenpreise und demnach deutlich überteuert. Das Verhandeln hat zum Glück meist gut funktioniert und die Taxifahrer waren sehr freundlich und haben uns gerne unsere Fragen beantwortet oder mehr von der Umgebung erklärt. Ansonsten sind wir vielen Motorrädern und Rollern begegnet. In den kleinen Gassen der großen Städte wird andauern gehupt um sich Platz zu verschaffen, zu warnen oder einfach um zu Grüßen. Etwas, woran ich mich definitiv gewöhnen musste. Ein paar Mal sind wir in Kleinbussen, sogenannten Dalla-Dallas gefahren, da sie deutlich billiger als die großen Reisebusse sind. Meist sitzen dort 25-30 Leute drin, auch wenn nur 15-20 Sitzplätze zur Verfügung stehen. Ich persönlich hatte den Eindruck, dass einige Leute sehr an uns interessiert waren, da sie uns freundlich angelächelt oder nach unserer Herkunft gefragt haben. Andere wiederum wirkten erbost, dass wir als "Weiße" den Platz weg nehmen. Ein heller Hautton wird in Tansania oftmals mit Reichtum assoziiert, sowie bei uns in Deutschland ein dunkler Hautton häufig mit Misere gleichgesetzt wird. Es ist schwierig - aber keineswegs unmöglich - die Stereotypen aus unseren Köpfen zu bekommen und zu bedenken, dass sowohl in den afrikanischen Ländern (wie Tansania) als auch in europäischen Ländern (wie Deutschland) zwei Seiten der Medaille existieren. Auch hier bin ich ich einer Vielzahl an Menschen, die genügend, oder sogar mehr als genügend Geld zur Verfügung haben, begegnet. Genauso habe ich herausgefunden, dass viele Menschen existentielle Nöte haben - wobei nicht vergessen werden sollte, dass diese Kehrseite der Medaille auch in Deutschland fast überall zu finden ist. Die Unterkunft Zu Beginn, haben die Schwestern uns eingeladen, bei ihnen unterzukommen. Sie wirkten sehr bemüht, was das Ankommen erleichtert hat. Dennoch hat jeder von uns die Unterschiede der Mentalitäten, vor allem im Miteinander, deutlich bemerkt. Wir versuchen aber voneinander zu lernen um einander besser verstehen zu können. - Das trägt für mich zum Teil definitiv zum Sinn eines Freiwilligendienstes bei. Auf unserer weiteren Reise haben wir oft gezeltet, da das Wetter meist sehr gut war. Hat es häufiger geregnet (wie vor allem in Sambia) haben wir in Backpackers übernachtet. Als Unterkunft für Rucksacktouristen das perfekte Ambiente für uns. Zudem haben wir uns mit vielen Leuten unseren Alters unterhalten können und sogar einige deutsche Freiwillige getroffen. In Sambia sind wir außerdem in den Zimmern der dortigen Freiwilligen und somit auf dem Gelände ihrer Projekte untergekommen. Zwar hatten die Kinder dort ebenfalls Ferien, dennoch war es interessant das Gelände und die neue Heimat der Anderen zu sehen. Da auf Sansibar zelten verboten ist, haben wir uns per Air B&B Unterkünfte gesucht, um nicht unnötig viel Geld zu verschwenden. Ich empfinde diese Möglichkeit, die erst durch Internet und Globalisierung möglich geworden ist, übrigens für beide Seite als ein Gewinn und Chance von unserer digitalen Zukunft auch auf menschlicher Eben profitieren zu können. Unsere Gastgeber waren super hilfsbereit und kannten sich sehr gut aus. Verpflegung Wir hatten das Glück, dass uns bei fast allen Unterkünften eine Küche zur Verfügung stand. Somit konnten wir selber kochen, wobei Nudeln und Toast definitiv zur Hauptnahrung gehörten. Wurden wir eingeladen oder wollten wir landestypisches Essen probieren, gab es sehr viele Früchte und gut gewürzte Speisen. Wahrscheinlich war es dennoch etwas auf uns "Touristen" abgestimmt, denn das "real food", was wir bei den Schwestern probieren durften, war doch von Geschmack und Konsistenz sehr gewöhnungsbedürftig und definitiv anders als in Deutschland. Mehr dazu später. Insgesamt, hatte ich aber nie Probleme mit meinem Magen, da es oft Sandwiches, Toastbrote oder Pfannkuchen gab. Nichts sonderlich Unbekanntes also. Was mir aber aufgefallen war, ist dass die Menschen im globalen Süden wohl sehr gerne süß essen. Zum Frühstück gibt es so gut wie immer Marmelade oder Erdnussbutter und in den Tee müssen mindestens 4-5 Löffel Zucker. Ansonsten habe ich immer bei Leuten gegessen, die sehr gut kochen können und auch unglaublich viel Spaß daran hatten. Wie man vielleicht schon erahnen kann, bin ich mit den Rahmenbedingungen unserer Reise sehr zufrieden. Außerdem bin ich sehr dankbar, diese Möglichkeit gehabt zu haben und bereits nach kurzer Zeit so unglaublich viel lernen zu dürfen. |
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August 2018
AutorMarie Griggel |