Never stop
Ende Januar hatten wir unser Zwischenseminar in Tansania, in dem es darum ging, das letzte halbe Jahr zu reflektieren und sich auf das Kommende vorzubereiten. Wir waren insgesamt 28 Freiwillige, aus 4 verschiedenen Organisationen, was viel Gesprächs- und Diskussionsstoff geboten hat. Da wir alle Themen, die uns beschäftigt haben, auch im Seminar ansprechen konnten, sind Stichwörter wie interkulturelle Kommunikation, Rassismus, Armut und Gewissenskonflikte, Probleme bei der Arbeit oder der generelle Sinn eines Freiwilligendienstes sehr häufig gefallen. Ich habe die Woche als eine sehr intensive und anstrengende, aber auch sehr lehrreiche Woche empfunden. Besonders der Austausch mit den Anderen und unseren Begleitern war super bereichernd. Im Nachhinein habe ich, zu Situationen oder Problemen die mir begegnet sind, deutlicher Position beziehen können, wenngleich der Umgang mit solchen Themen für mich auch lebenslanges Ausprobieren, Überdenken und Lernen bedeutet. Nach dieser Woche sind wir vier Freiwilligen, wieder in Namibia angekommen, Zunächst haben wir einen kurzen Zwischenstopp bei den Schwestern in Windhoek gemacht. An dem Tag waren leider nur wenige Sisters da, wie es der Zufall aber wollte, kamen 3 weitere Schwestern inklusive unserer Mentorin und Koordinatorin Sr. Magdalena einen Abend später an. Ich habe mich sehr gefreut, sie kennenzulernen. Sie hat uns für unser Kommen gedankt und wir haben lange mit ihr geredet. Für uns kam natürlich die Frage auf, warum die Schwestern beschlossen haben Freiwillige aus Deutschland aufzunehmen. Sie hat uns erklärt, dass es besonders gut und hilfreich für die Kinder sei, sich nur auf Englisch und nicht auf ihrer Muttersprache Ohiwambo zu unterhalten. Besonders meinte sie, dass wir aus zwei völlig verschiedenen Welten stammen und wie bereichernd sie es finde, in den Austausch zu kommen und voneinander zu lernen. Diese Worte haben mich beeindruckt und sind mir immer noch Motivation für mein Projekt. Später am Abend haben wir uns gemeinsam unsere Urlaubsbilder angeguckt. Die Schwestern waren total interessiert, ich habe aber gemerkt wie unangenehm es teilweise war, ihnen von einer so großen Reise zu erzählen. Denn auch wenn die Schwestern, meiner Meinung nach, schon einen recht guten Lebensstandard haben, ist mir klar, was für ein außerordentliches Privileg es ist sich frei bewegen zu können und die Möglichkeit und das Geld zum Reisen zu haben. Natürlich könnte man sagen, ich habe mir das Geld durch Arbeiten auch verdienen müssen, dennoch kann man so etwas nicht mit Menschen die vor Hunger und Armut flüchten, die von der Gesellschaft ausgestoßen werden oder die in Unterdrückung leben müssen auf eine Ebene bringen. Man könnte jetzt - um die Klischees rund um Afrika zu bedienen - auch meinen, dass die Menschen hier, obwohl sie so wenig haben, doch trotzdem so glücklich sind, aber auch das lässt sich für mich nicht mit existentiellen Sorgen und Nöten vergleichen, zumal dieser Satz das Geflecht sozialer, globaler und individueller Anforderungen und Problemen zu stark vereinfacht. Seit diesem Abend frage ich mich, wie ich mit meinen Privilegien besser umgehen kann. Wahrscheinlich werde ich weiterhin Reisen, mir über meine Klamottenwahl Gedanken machen, ins Café gehen oder mich selbst verwirklichen wollen - denn so bin ich es gewohnt. Ich möchte aber dankbarer werden, und überlegen ob mich materielle Dinge und Vergleiche mit Anderen (meist durch kapitalistischen Konsumwahn) wirklich beschäftigen sollten. Ob ich wirklich jeden Tag Fleisch essen muss, auch wenn das zur Misere in anderen Ländern beiträgt. Ob ich alles was ungewohnt und demnach "Anders" ist sofort missachte, oder erst einmal versuche zu verstehen. Oder ob ich versuche ein wenig Zeit in Menschen zu investieren, globale Zusammenhänge zu erkennen um dann gemeinsam Lösungen zu finden. Klingt alles besserwisserisch oder träumerisch - aber der Versuch ist es für mich wert auch wenn es das Ganze nicht einfacher macht. Ich bin dankbar für diese Erfahrungen, denn ich glaube, um solche utopischen Wünsche zu formulieren oder zu verstehen, muss ein Jeder erstmal direkt mit der Problematik konfrontiert werden. Am nächsten Tag sind wir dann hoch in den Norden gefahren. Nach 16 Std und einem kurzen Krankenhausbesuch (da Niclas' Magen rebellierte) sind wir in Oshipeto angekommen. Die dortige Schule und das Hostel bilden das Projekt von Niclas und Helge. Hier hat Franziska aber zuvor ausgeholfen, als Niclas und ich Visaprobleme hatten. Damit sie sich ordentlich verabschieden und alle Sachen packen konnte, sind wir zwei weitere Nächte in Oshipeto geblieben. Die 260 Kinder sind begeistert auf uns zu gerannt, wollten alle unsere Namen wissen und den ganzen Tag spielen. Den Freitag Morgen haben wir gemeinsam im Lehrerzimmer verbracht, um alles wichtige für das neue Schuljahr vorbereitet, d.h. Listen geschrieben, Stundenpläne erstellt und die ersten Unterrichtsmaterialien sortiert. Bei so vielen Kindern, eine lange Arbeit. Die Schwestern, die hier leben, haben uns auch sehr herzlich empfangen und uns alles gezeigt. Ich habe einen großen Unterschied zu der Hauptstadt wahrgenommen, da im Norden oftmals infrastrukturelle Schwierigkeiten bestehen - allerdings waren wir hier auch in einem Dorf. Am Wochenende wollten Franziska und ich gemeinsam in unser Projekt nach Iilyateko aufbrechen. Weil die Schwestern aber auch die Oshipeto Freiwilligen kennenlernen wollten, und die beiden Projekte nur ca 1 Std voneinander entfernt sind, haben wir das Wochenende zu viert in Iilyateko verbringen können. Mehr dazu später.
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August 2018
AutorMarie Griggel |